Samstag, 25. September 2021

Die letzten Etappen

 Nach einem ausgiebigen  guten Frühstück auf der Terrasse des Hauses starten wir in einen neuen Tag. 

Heute ist es das erste Mal etwas fröstelig am Start, doch der Anstieg in den eigentlichen Ort bringt mich auf Betriebstemperatur. Heute ist viel Asphalt in der Etappe, doch der Weg führt durch viele Olivenhaine, welche teilweise sehr alt sind. Bei manchen Bäumen hat man das Gefühl sie tanzen miteinander. Mich faszinieren diese knorrigen Bäume und ich kann mich nicht satt sehen. So vergesse ich den Asphalt und bin einfach nur glücklich. 


Wir kommen in Osteria Nuova an einer Bar vorbei und machen eine kurze Pause, bevor es weiter leicht bergauf und bergab durch die Sabiner Hügel nach Toffia geht. Diesen alten Ort erreichen wir in der Mittagszeit und er zeigt sich uns total tot. Es gibt drei Kirchen, wovon wir zwei finden, die geschlossen sind. Im Ort treffen wir zwei Carabineri und zwei Anwohner. Der Kiosk ist geschlossen und wir setzten uns für eine Pause davor. In dieser Zeit kommen vier Passanten und zwei Hunde vorbei. Das pralle Leben! 



So nehmen wir die letzten 5 km zum Kloster Farfa in Angriff und dieser Weg ist nach meinem Geschmack. Schotterweg, ein kleiner Wald und Blicke auf die umliegenden Hügel. Zum Kloster geht es bergauf und wir schauen uns zuerst die sehr schöne Kirche an. In der Gasse liegen drei faule Katzen auf den warmen Steinen und lassen sich nicht aus der Ruhe bringen.


Dann gehen wir zum Kloster und beziehen unser Zimmer. Da es erst nachmittags ist, ruhen wir uns aus, bevor wir essen gehen. Die Pizzeria macht erst 19.30 Uhr auf und so landen wir im " Laboratorium Pasta". Wir trinken einen sehr leckeren Rosé- Wein aus der Region. Es gibt Tagiatelle mit Ricotta und Spinat, danach  total leckere Antipasti von gegrillter Zuccini, Aubergine und Paprika. Das Dolce ist ein landestypischer Marmeladenkuchen getunkt in Portwein. Ein Genuss besonderer Art. Danach gehen wir satt, unter einem irren Sternenhimmel mit Fastvollmond zu unserer Herberge schlafen.


Nach einem übersichtlichen Frühstück geht es aufwärts auf einem alten Pilgerpfad auf die nächste Bergkuppe. 

Von unten sehen wir verdorrte Blätter und fragen uns, ob das schon der Herbst oder die Trockenheit ist. Als wir aus der Grünzone kommen riecht es stark nach Feuer und dass ist die Erklärung. Hier hat ein Waldbrand gewütet und auf dieser Seite des Berges konnte das Feuer gelöscht werden, sodass nur die Blätter vertrocknet sind. Als wir drum herum laufen, sehen wir, dass die andere Seite komplett abgebrannt ist. Wahnsinn, ich bin sehr schockiert.



Nun haben wir die Wahl zwischen 5 km Asphalt und dem Weg nach unserem Führer oder einen Wanderweg, ein paar Kilometer und vorallen ein paar Höhenmeter mehr. Wir entscheiden uns für den Wanderweg und erklimmen so Fara in Sabina, einen kleinen Ort auf der nächsten Bergkuppe. 



Wir kommen über Feld- Schotter- und Wanderwege durch herrliche Olivenhaine nach Canneto, wo es zwei geschlossene Bars gibt. Zum Glück hat der Alimentari offen und so kaufen wir Brot, Käse und Obst für ein Picknick ein. Wir laufen zum größten Olivenbaum Europas, in der Hoffnung dort pausieren zu können. Der Baum steht auf einem Privatgrundstück ( was nicht im Führer stand), die Besichtigung kostet 2 €, doch jetzt ist gerade Siesta und geschlossen. Von der Strasse aus, sehen wir ihn: stark zurück geschnitten und mit jede Mengen Seilen festgezurrt.


So gehen wir zu der ersten geschlossenen Bar zurück und ich stelle uns Tisch und Stühle auf den Platz. Holger meint, dass geht nicht, doch ich glaube nicht, dass wir verhaftet werden. So sitzen wir im Schatten und schmausen. Es liegen noch 13 km vor uns und die Sonne brennt heiß.



Erst wieder durch Olivenhaine und dann lässt sich der Asphalt an einer stark befahrenen Straße nach Aquaviva nicht vermeiden. Wir leiden.... Bis wir eine offene Bar sehen. Mit Kaffee und Weißwein läuten wir die letzten 5 km ein. Unterwegs bestaunen wir ziemlich große Naturprodukte.










 Zuerst bergab in ein neues Tal und dann fesch bergauf nach Montelibretti. 



Uns wird die Kirche aufgeschlossen und so verweilen wir kurz, bevor wir zu unserem B& B laufen und ein hübsches, kleines Zimmer mit Bad beziehen.

Abends finden wir eine Pizzeria, wo wir unter einem Olivenbaum sitzen können. Was für ein Gefühl. Unbeschreiblich.


Heute morgen überrascht uns die Wirtin mit einem sehr großzügigen Frühstück und ich esse seit langem mal wieder ein gekochtes Ei und ein Käsebrot. Dazu noch selbstgebackener Kuchen und frische Croissant vom Bäcker. Was für ein Fest!

Bei einem Bäcker kaufe ich Verpflegung und ich kann es bei der Vielfalt nicht lassen, die Kamera zu zücken.


Auf kleinen Sträßchen geht es über Hügel durch die Landschaft, die sich gerade wieder verändert. Die Hügel werden flacher ( die Anstiege dadurch kürzer) und zwischen den Olivenhainen werden große,  abgeerntete Felder sichtbar. Dazu Kirschplantagen und Weingärten. Die Sonne zeigt sich mit voller Kraft und da wir heute fast ohne Schatten laufen ist es ein heißes Vergnügen unterwegs zu sein.


Ein Gecko auf der Straße wartet heute ab, bis ich die Kamera gezückt habe und in den vereinzelten Gehöft werden wir wieder von den Hunden lautstark, freudig begrüßt. 

Auf einem Grundstück mit großen Tisch und Bänken unter Bäumen halten wir unsere Pause und ich schaue in den Himmel und träume...

Danach geht es an einem Kunstwerk " Passage" vorbei. Einsam steht es am Weg.





 Dann wird es mühselig, denn der Weg wird eine Asphaltstraße,  die zwar wenig befahrenen wird, doch die Straßenränder sind zugemüllt, dass es einen graust. Ganze Müllsäcke werden hier entsorgt und teilweise stinkt es zum Himmel. Dies wird bis Monterontondo nicht besser, sodass ich viel in die Ferne schaue.

 
Am Stadtrand ist ein Strauss in einem Grundstück eingesperrt, zwischen zwei stark befahrenen Straße. Der arme Vogel!



In Monterontondo laufen wir zum frühen Nachmittag ein und alles macht Siesta. Also checken wir in der Albergo ein und machen Siesta.


Nachmittags laufen wir durch die Altstadt, die so italienisch daherkommt, wie man es aus Filmen kennt.






Abends sitzen wir auf dem Platz mit dem Brunnen und beobachten das Leben am frühen Abend. Kinder erklettern die Löwen und spielen drumherum. Die Eltern stehen dabei und schwatzen, Hundebesitzer führen ihre Hunde aus und große Gruppen Jugendlicher machen " Schaulaufen", wobei die Mädels sehr stylisch unterwegs sind. Es geht laut und lustig zu.
Später gehen wir in eine kleine Pizzeria mit Terrasse und lassen den Abend gemütlich ausklingen.


Heute morgen schlafe ich etwas länger und Holger kommt auch schwer in die Gänge. 9 Uhr verlassen wir unser Zimmer und gehen in einer Bar frühstücken. Cappuccino und Cornetto crema, mehr braucht es nicht, um mit der Sonne um die Wette zu strahlen.
Heute wäre die Etappe 30 km lang und viel Asphalt. Deshalb hat Holger eine Zwischenstationen in einem Vorort von Rom geplant. Schließlich will ich in den Petersdom schreiten und nicht kriechen.
Es geht aus der Stadt hinaus und dann steil bergab. Monterontondo lag doch auf einem Berg.


Danach auf und ab über Hügel und vorbei an großen Feldern. Die Sonne knallt und Schatten ist nicht. Ist der Weg mal kein Asphalt, ist er sehr staubig. Der Naturpark Mareigliana ist nicht das, was ich erwartet habe, sondern auch eine Asphaltstraße durch Felder und den letzten Olivenhain. 

Auf einer Bergkuppe können wir im Dunst Rom erkennen und die Kuppel vom Petersdom. Danach laufe ich in Gedanken versunken weiter. Meine Gedanken machen Purzelbäume. Vergangene Situationen blitzen auf,  Begegnungen werden wach, morgen geht sie zu Ende, meine 2. Pilgerreise! Trauer, Freude, Stolz, Wehmut....ein Chaoscocktail.



So kommen wir an die Stadtgrenze und laufen nun an einer großen Straße in die Vororte. 

Siesta 


Das Müllproblem ist hier ein noch größeres und es scheint die Menschen, die da wohnen nicht zu stören, wie es vor ihren Mauern aussieht.



Wir stoppen in einer Bar und erfrischen uns mit kalten Getränken und etwas zu essen. Dann geht es zu unserem Quartier. Von außen sieht es schlimm aus, doch der Name " Luxery garden" lässt uns hoffen. Und so werden wir überrascht, als wir per Handy die Türen öffnen und in ein wirklich schönes Apartment kommen. Zum Zimmer gehört ein Gartenpavillion und alles ist schön und sauber hergerichtet. Das Bad ist voll modern. Am Waschbecken funktioniert der Stöpsel nicht, aber dass ist eine Lappalie, denn das voll funktionsfähige Badezimmer wird in Italien erst noch erfunden.
Nach der Dusche fühle ich mich gut und sitze im Garten zum entspannen und wir werden hier gemütlich den Abend verbringen. 




Und morgen....
Morgen laufe ich zum Petersdom mit meinem Liebsten und werde wissen, wie es sich anfühlt nach 105 Tagen am Ziel zu sein.





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