Freitag, 23. Juli 2021

Alpenglück

 Ich werde wach und die Sonne lacht. Ein Blick in den Spiegel zeigt: mein Gesicht treibt es bunt. Das Frühstück lässt keine Wünsche offen und ich packe mir noch etwas für unterwegs ein. Dann starte ich fröhlich in die nächste Etappe nach Garmisch-Partenkirchen. Der Morgen ist noch jung und Oberammergau ist noch nicht erwacht, sodass die Straßen mir gehören und ich mich noch ein wenig umschauen kann. 

Dann geht's los und der Weg verläuft als Fahrradweg immer an der Ammer entlang. Hinter einem Grünstreifen verläuft die Straße.  Ich wende meinen Blick den Bergen zu und blende die Störgeräusche aus. Die Berge sind gigantisch und die Sicht phänomenal. Wer hier geboren wird ist schon privilegiert. Endlich verlasse ich den Radweg und laufe steil auf den Vogelsberg. Im Wald plätschern kleine Bächlein, die Vögel singen, die Tannen Rauschen im Wind...Ich fühle Alpenglück. Unter einer riesigen Tanne steht eine Sonnenliege und ein Goethe-Zitat. Ich lege mich hin, horchen, lausche, rieche, sehe...was für ein Kraftort.




So erreiche ich das Kloster Etal und bin von der Größe beeindruckt. Es beherbergt neben Laden, Hotel, Brauerei, Liquerfabrik auch ein Gymnasium. Die Schüler haben gerade Hofpause und toben über die Bänke rum. Eine Führung ist auch im Gang und der Guide trägt seine Tracht im Sommerlook. Man beachte das Beinkleid!


Steil geht es bergab ins Loisachtal und hier gibt es große Hinweisschilder für Radler, dass dies eine Schiebestrecke ist. Der Weg ist steil, schottrig, teilweise von Wasser unterstützt und rutschig. Ich halte mich an meinen Stecken fest, denn noch eine Fallprobe möchte ich nicht erleben.

In Oberau angekommen, hole ich mir in der Touri- Info einen Stempel und Fülle die Wasserflasche auf. Der Wanderweg ist jetzt ein traumhafter Bergweg durch Weiden und Wäldchen und hier begegnen mir viele Wanderer und Spaziergänger, die zum Kuhwasserfall laufen. Ich zweige vorher auf den Philosophenweg ab und bekomme an jeder Bank ein Zitat zum Nachdenken. Ich habe herrliche Blicke in die Bergpanoramen und bin soooo glücklich. Ich liebe die Berge und merke es gerade wieder.





So komme ich zur Wallfahrtskirche St. Anton in Garmisch- Partenkirchen an und besichtige sie. Mein Navi zeigt mir den Weg zum Pfarrhaus der evang. Gemeinde, wo ich heute im Jugendtreff schlafen darf. 

Der Pfarrer und zwei Angestellte empfangen mich und wir unterhalten uns kurz. Ich bekomme einen Schlüssel und die Räumlichkeiten gezeigt. So kann ich duschen, meine Klamotten auf die Feuertreppe hängen und vor dem Häusel in Ruhe essen, telefonieren, schreiben...mit Blick auf die Zugspitze. Wahnsinn!




Morgens bin ich früh raus und habe mir bei Rewe Proviant besorgt. Einen Joghurt habe ich vor der Tür als Frühstück gelöffelt, denn der geht garantiert kaputt. 

Ich laufe zur Sebastianskapelle und komme an der Zugspitzen- Realschule vorbei. Ein schöner, traditioneller Bau mit großen Balkonen, wo jetzt die Türen zum Lüften offen stehen und mit einer TIEFGARAGE drunter. Vornehm! Vom Blick auf die Zugspitze ganz zu schweigen.


Die Via Romea verläuft heute fast ausschließlich parallel zur B2 und es ist nicht auszuhalten. Laster, PKW, Motoradgeschwader ...und auf dem schmalen Radweg überholen mich ständig klingende E- Biker. Ich versuche in eine kleine Straße zu flüchten. An deren nicht vorher einsehbaren Ende stehe ich auf einem Hof. Der Bauer steht in der Tür und meint: Schön dass du mich besuchen kommst. Ich antworte: Ich wollte gern einen Kaffee trinken. Da lacht er schallend. Leider geht hier kein Weg für den Laien weiter. Er meint ich verlaufe mich, wenn er es mir erklärt. Mitkommen will er nicht, also drehe ich um und leide bis Gerold.  Dort sehe ich einen Strom " Badepilger" und frage, wie weit der Umweg zum See wäre. Zehn Minuten. Na die habe ich, um mich abzukühlen, denn die Sonne brennt schön heiß seit gestern herunter. Ein kleiner Weiher, umzäunt mit schattenspendenden Holzgerüsten und einen freigelegten Zugang zum Wasser. Für 2€ ist hier Abkühlung mit Blick auf die Berge möglich. Ich stürze mich in das erfrischend kalte Wasser und schwimme auf die Berge zu. Ich lege meine Sachen zum Trocknen in die Sonne und setze mich in den Schatten. Google zeigt mir einen anderen Weg zu meiner Jugendherberge. Eine halbe Stunde länger und dafür auf Wanderwegen. Jippijeh. Lieber Berg hoch und Berg runter und weiter laufen, als an dieser Straße lang. Ich verpasse ein paar Kirchlein und alte Räderspuren, letztere sind für mich eh nicht spannend. Es geht ziemlich steile Passagen mit Schotter rauf und runter und auch hier werden Fahrräder geschoben, sodass ich manchen Fahrern mehrmals begegne. Vorbei geht es an einem Hotel mit Biergarten und danach steil aufwärts auf die Buckelwiesen. Hier ist der Name Programm. Die frisch gemähten Wiesen haben ganz viele kleine Buckel.  Ich stehe oben und habe einen 360° Bergpanoramablick. Wow, hier hat es der liebe Gott übertrieben. Ich bin fasziniert und drehe mich im Kreise. Das Herz hüpft vor Freude und ich jauchze aus voller Seele. Das Karwendelgebirge und das Wettersteingebirge dominieren das Bild. Berge, Berge...Alpenglück. Ich bin so fröhlich, so fröhlich....Hermann van Veen`s Refrain geht mir durch den Kopf und ich bin es wirklich.


An der Goas- Alm lockt auch ein Biergarten, aber ich möchte eine Dusche. Es ist recht heiß und die Jugendherberge nur noch 10 Minuten entfernt.

Ich komme da an und alles ist offen, aber niemand da. Also setze ich mich auf die Terrasse und hänge meine Klamotten zum Trocknen. Ich suche erfolglos ein Waschbecken und einen Kaffeeautomaten. Finde Orangensaft im Speiseraum und bediene mich frech. Ich setze mich vor die " Hüttn" und esse aus dem Rucksack Brioche, Apfel, Nüsse und Heidelbeere mit Blick in die Berge. Zeit zumTagebuch schreiben und ausruhen bis 17Uhr, denn erst dann ist die Rezeption besetzt.




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