Nun bin ich schon die 1. Woche wieder auf dem Pilgerweg und mein Motto " Staunen, wundern, Zweifeln" begleitet mich Tag für Tag in unterschiedlichen Anteilen. Meine Blasen ließen mich Zweifeln ( nicht am Sinn der Sache), sondern an meinen Strümpfen und Einlagen. Der Orthopädieschuhmacher hat versucht die Einlagen zu optimieren. Er hatte auch Wandersocken von Lowa im Angebot und so konnte ich mir die Fahrerei ins Gewerbegebiet schenken, was wunderbar war. Dazu habe ich gleich noch Sporteinlagen gekauft, falls es mit meinen nix wird.
Dann endlich startete ich die 2. Etappe. Es ging durch herrliche, hügelige Landschaften und das Wetter war angenehm. Ich komme an eine Jakobskapelle, die wunderschön gestaltet ist und staune über die Symbiose von Architektur, Licht und Material. Hier mache ich meine große Pause. Es geht weiter nach Abenberg und ich habe noch kein Bett. Alle Anfragen wurden vorher negativ oder garnicht beantwortet. Den evangelischen Pfarrer habe ich per AB um Hilfe gebeten. Aber ob und wann er den abhört steht in den Sternen. Beim katholischen Pfarramt klingel ich erfolglos. Ich laufe zum Friedhof und Ruhe mich aus und überlege... Auf dem Friedhof treffen sich mehrere, ältere Leute zum Schwatz und ich nehme all meine Courage zusammen und erläutere mein Problem und bitte um Hilfe. Sie geben mir einen Tipp für eine Pension. Ich rufe da an und niemand geht ran. Also laufe ich nach Dürenmungenau, wo es evtl. noch eine Möglichkeit im Schloss gibt. Das hat mir das Social Media geflüstert. Der Pfarrer ruft zurück und bietet mir Hilfe an, falls es es nicht klappt.
Im Dorf sehe ich das Milchhaus, indem 2 Bänke stehen und ich denke: wenn alle Stränge reißen... Im Schloss belächelt man mein Ansinnen. Ich schaue mir die wirklich hübsch restaurierte Jakobskirche an und klingel dann beim Pfarrer. Mir öffnet ein noch recht junger Diener Gottes und auf der Terrasse des Pfarrhauses suchen wir eine Lösung, denn es ist wirklich verzwickt. Ich erkläre ihm, dass ich anspruchslos bin. Ein Dach, eine Matratze, Wasser... reicht aus und alles mehr ist Luxus. Er zeigt mir den Anbau und findet eine Matratze und ich habe eine Unterkunft. Hurra! Zum Abendessen gibt es eine Brotzeit und da Fußball ist, werde ich spontan zu einem Fernsehabend beim benachbarten Pfarrerspaar eingeladen. Diese überraschenden Wendungen lassen mich immer wieder Staunen. Am nächsten Morgen bekomme noch den Segen und ein Kärtchen mit einem Bild aus der Jona- Geschichte: Gib niemals auf! Wie passend! Das werde ich nicht. Da der Pfarrer mein Engel in größter Not war, bekommt er die Schmunzelsteingeschichte erzählt und dazu Einen. So ziehe ich mit leichterem Gepäck weiter nach Gunzenhausen.
Das Wetter ist feucht fröhlich, die Landschaft lieblich und der einzige Bäcker am Weg hat Urlaub. Aber es gibt genügend Kirschbäume unterwegs. Der Weg geht heute immer wieder hoch und runter und mit spitzenverdächtigen Ausfallschritten und Spagateinlagen durchqueren ich ein schmierseifiges Waldstück. Was bin ich froh, dass ich meine Stöcke habe. Die Autan- Resistenten Mücken fallen über mich her und Bremsen saugen mein Blut, sodass ich sehe, dass ich aus dem Wald komme.
Ich verlaufe mich des öfteren und werde am Ende des Weges noch über einen Berg geschickt, auf dem das Weltkulturerbe Limes auf mich wartet. Endlich sehe ich in groß, was ich in der 6. Klasse für den Geschichtsunterricht mit Streichhölzer nachgebaut habe. Ein Caree aus alten Steinen soll der Wachturm gewesen sein und ein paar Pfähle stecken in der Erde, der Wall, ich erinnere mich. Dazu ein Bismarckstraße, erbaut aus den Steinen der Ringmauer... Weltkultur.
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Dann geht es wieder rutschig bergab und ich hätte gern auf die Geschichtsstunde verzichtet, wenn dafür der Weg flach gewesen wäre.
In Gunzenhausen übernachten ich in der Jugendherberge des CVJM. Abends reise ich mir die Schultern und Rücken mit Wärmecreme, die Füße mit Hirschhorncreme und die Muskeln mit Pferdegel ein. So eine Pilger- Körper- Pflege ist eine einzige Schmiererei.
Am Morgen stehe ich gelockert auf, frühstücke und es regnet. Mit FFP2 - Maske laufe ich über den Wochenmarkt und die Brille läuft ständig an. Ich gehe zur Kirche, die noch ziemlich düster ist und stoße mit meinen linken Knie ( dass gerade wieder in Ordnung war) gegen eine Kirchenbank. Aua, der Schmerz lässt nach und ich habe eine große Beule über der Kniescheibe, die im Laufe der nächsten Tage zurückgeht und grün und blau wird. Wer ist heute gegen mich?
Ich laufe los, das Wetter ist mistig, der Weg teilweise nicht erkennbar. Es geht durch hüfthohes Gras, Brennnessel, Matsch...wie lustig ist das Pilgerleben. In Gnotzenheim, an der Kirche mache ich Pause und der Regen lässt nach. Danach laufe ich mal wieder falsch und komme am Schloss vorbei, dss ich von außen besichtige. Bei schönem Wetter hätte ich hier eine tolle Aussicht, heute ist alles wolkenverhhangen grau. Auf nach Heidenheim. Ich besichtigen die Kirche und den Kreuzgang des Klosters und dann geht es in den Gasthof " Zur Rose", wo mich Gertrud warmherzig begrüßt und mir mein Zimmer zeigt. Stäbchenparkett im Bauernhaus, hochglanzpoliert 60iger Jahre Möbel, sehr charmant und picobello sauber. Abends erlebe ich in der Gaststube das Landleben live. Am Stammtisch wird die große ( Söder muss weg) und die kleine ( die Post wird geschlossen) Politik lautstark diskutiert. Gertrud beruhigt, hat für jeden ein nettes Wort und versöhnt mit gutem Essen. Als ich etwas ohne Fleisch bestelle, ist sie kurz sprachlos und fragt, was mache ich denn da? Ich frage: Bratkartoffeln? Sie: Ohne Speck? Ja das geht. So bekomme ich Bratkartoffeln und ein Omlett.

Liebe B runi, Kompliment, dass Du so zäh bist und die Schmerzen erträgst!! Dor möt du dör! Weiterhin eine interessante schöne Zeit.Liebe Grüsse Helga und H-J
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