Meine Übernachtung im Hostel war ein Glücksfall. An der Rezeption wurde ich freundlich empfangen und mit mein bisschen italienisch und dem mehr an Englisch war das einchecken kein Problem.
Das Zimmer war einfach und sauber und ich durfte es alleine haben. Eine Waschmaschine gab es auch und für 2€ konnte ich alles mal wieder tiefenreinigen. Das Frühstück war auch einfach, aber es gab alles, was für ein süßes Frühstück ( die Italiener halten es wie die Spanier, klein und süß.) braucht. Mehr brauche ich auch nicht und vorallem konnte ich die Kaffeemaschine selber bedienen. Lecker, lecker der Cappuccino. Das alles für 30€, es geht doch! Nachts war es immer noch heiß, aber es gab einen Ventilator, der einen angenehmen, leisen Brummton von sich gab und mich in den Schlaf wiegte.
Morgens schon um 8 Uhr gestartet und die Sonne zeigt sich hoch am Himmel. Halb zehn waren schon 29° C und es geht noch heißer.
Natürlich begann der Weg mit Asphalt und ich lief von einem Örtchen zum Nächsten. Irgendwo im Nirgendwo kläfft mich ein Wadenbeisser an und schießt auf mich zu. Stöcke hoch zur Abwehr und ein bissel anbrüllen, doch er läuft neben mir her und kläfft. Sein Herrchen ruft und nix passiert. Endlich holt er ihn ein und nimmt ihn mit. Ich merke, dass mein Puls ganz ruhig geblieben ist ( Danke Han, deine Schule hilft immer noch!) und ich mich nur ärgere, dass ich mich mit dem Biest auseinandersetzen musste, weil jemand das Tor offen ließ.
Später ist meine Wegbeschreibung irrelevant und so komme ich zu meinen heutigen Umwegkilometern. Dank Google finde ich auf den Weg zurück, ohne alles zurück zu laufen, sodass der Umweg nur 2,5 km am Ende ausmacht.
Endlich kommt ein Stück Feldweg und meine Wasserflasche ist leer. Am Ende des Weges ist ein Haus und ein junger Bauer grüßt mich freundlich. Ich nehme all meinen Mut zusammen und frage, ob ich bitte Leitungswasser bekommen kann. Kein Problem! Ich bekomme von der Mama auch noch ein Paket Zwieback geschenkt und bin glücklich. Wir wechseln noch ein paar Sätze in italienisch, englisch und Händen und dann geht es weiter. Ich komme an eine Kreuzung und da quitschen plötzlich die Reifen eines Transporters und ein Schwall italienisch ergießt sich über mir. Ich verstehe nur Pilger und stottere: Ci, tedesca...und schon redet er deutsch. Matteo ist lustig, macht ein Foto, zeigt mir den Supermarkt, den ich gerade ansteuern wollte und gibt mir seine Telefonnummer. Falls ich Probleme habe soll ich ihn anrufen. Das klingt so gut!
Nachdem ich mir Trauben und eine große Flasche Fanta gekauft habe, setze ich meinen Weg fort und stelle fest: Die Berge sind verschwunden! Heute morgen waren sie noch rechts an meiner Seite in der Ferne, nun sind sie meinem Blick entschwunden! Weg! Am 19. Juli habe ich sie das erste Mal in der Ferne gesehen und war total aus dem Häuschen. Nun haben sie mich fast einen Monat begleitet, mir Freude bereitet und Kraft gespendet, nie war ich ihres Anblick überdrüssig. Im Gegenteil, sie haben viel Asphaltfrust kompensiert. Addios liebe Berge!
Ich laufe darüber nachdenkend weiter und jetzt kommt endlich ein Wanderweg am Fluss Muson entlang und ich Danke dem Herrn, dass es leichter und später auch schattiger wird. Es geht doch!
Der Weg zieht sich und die Hitze nimmt zu. An jedem Brunnen ( hier gibt es wenige) halte ich meinen Kopf unter das Wasser um ein paar Minuten erfrischt zu sein. So komme ich in Castelfranco Veneto nach 8,5 Stunden und knapp 26 km an und checke im Hotel ein, was schon fast holperfrei auf italienisch geht. Ich bin so mutig! Ich bezahle gleich, um morgen keine Wartezeit zu haben. Es soll noch heißer werden und ich will versuchen 7.30 Uhr losziehen.
Als ich ins Zimmer komme riecht es stark nach Rauch! Igitt! Ich füttere den Übersetzer und gehe zurück, um ein anderes Zimmer zu bekommen. Er meint es seien alles Nichtraucherzimmer. Ich zeige mit Mimik und Gestik, dass es stinkt und ich es nicht ertrage. Ich bekomme nur widerwillig einen Schlüssel und verstehe, dass es größer ist. Ich sage: No Problem. Als ich ins Zimmer gehe wird mir klar, was er meint. Nun habe ich ein Doppelzimmer und da ich schon bezahlt habe, hat er nachgegeben. Glück für mich.
Nach dem Duschen gehe ich noch eine kleine Runde durch die Altstadt, die sehr hübsch ist. Alt, restauriert und antiquiert präsentiert sie sich im immer noch heißen Sonnenschein, mit viel Kanal und alter Mauer. Auch hier beginnt um 19 Uhr das volle Leben in den Restaurants. Ich gehe zurück, denn ich schaffe es noch nicht, allein Essen zu gehen. Das kenne ich aus meiner Zeit in Frankreich. Damals war es nur, dass mich dieser Trubel meine Einsamkeit spüren ließ. In dieser heutigen Corona- Zeit, denke ich noch zusätzlich, dass ich jemanden den Tisch wegnehme, weil sich ja niemand dazu setzten kann. Ich weiß, dass das irrational ist, aber noch bin ich nicht soweit. Ich wachse noch über mich hinaus und denke: Wer will schon wieder Pizza essen!🤣
Heute morgen erwachte ich und hatte 15 Insektenstiche. Die Mücke, die mich umsurrte erlegte ich und machte sie dafür verantwortlich. Doch als ich es mir genauer anschaute, schwante mir nichts Gutes. Ich machte Fotos und schickte sie an eine befreundete Ärztin, um mir eine Ferndiagnose geben zu lassen.
Das inklusive Frühstück bestand aus einem Marmeladencroissant und einen Cappuccino. Das war das " Üppigste" des ganzen Weges. Dafür hatte ich eine halbe Stunde später das Wissen, dass die Bettwanzen gratis waren. Der Tag fängt gut an. Ich laufe früh los, doch nach einer halben Stunde ist die Sonne da und es geht geradeaus am Kanal entlang. Schotter und Asphalt wechseln, nur Schatten gibt es nirgends.
An einer modernen Regina-Kapelle, an der ich gerade die Übersetzung des Gebetes mit Google starte, erreichen mich Grüße von Regina aus Görlitz. Zufall oder Zeichen?
Mein Handy brummt in der Tasche und meine Freundin Katharina fragt wie es mir geht. Ich erzähle ihr meine Gedanken und bin sehr dünnhäutig. Sie tröstet mich und ich fühle mich etwas besser. Ich gehe in die Kirche, setze mich in die Bank und versuche ruhig zu werden.
In der Anmeldung im Kloster ist es dann wieder schwer mit der Sprache (ich fühle mich gerade sehr sprachlos), aber Schwester Maria und ich bekommen es hin. Auf meine Frage einer Messe oder Andacht verneint sie. Es gibt keine. Komisch, ich bin doch im Kloster. Ich habe es in Frankreich immer als Bereicherung empfunden, an der Abend- und Morgenandacht teilzunehmen. Dafür habe ich den Wecker sogar auf 5.30Uhr gestellt. Gerade heute hätte ich ein bißchen Gemeinschaft nötig. Sie zeigt mir noch den Frühstücksraum und führt mich durch einen Speisesaal in ein abgeschiedenes Kämmerlein, wo ein/ mein Tisch für morgen eingedeckt ist.
Mir ist schon wieder zum Heulen. Ich komme mir so ausgeschlossen vor.
Also gehe ich auf mein Zimmer, lege die Beine etwas hoch und Ruhe mich aus.
Danach besuche ich den Kreuzgang und wandel durch den Klostergarten.
Im Kreuzgang entdeckt🙄
Im Ort suche ich eine Apotheke und ein Kaffee doch außer Spar machen alle Siesta. So kaufe ich mir einen Kuchen und eine Packung Orangensaft und will im Park vor der Antoniuskapelle picknicken. Kaum sitze ich, läuft eine Rattenfamilie aus dem Kanal auf mich zu. Ich springe auf und renne weg. Heute ist definitiv nicht mein Tag.
In der Kapelle schaue ich mir die Fresken an und genieße die Musik die hier ertönt. Ich fühle mich etwas getröstet.
Danach setze ich mich einen kleinen Park und genieße meinen Kuchen.
Morgen laufe ich nach Padua und die erste Etappe von hier nennt sich " Ultimo cammino". Dafür gibt es einen extra Pass. Die Etappe folgt dem letzten Lebensweg des hl. Antonius. Daher der Name. Diesen Pass bekomme ich gegen eine Spende im Souvenirladen neben der Kirche.
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