Am nächsten Morgen treffe ich Benjamin bei mir im Hotel zum Frühstück und ihm geht es besser mit seinen Baustellen an den Füßen. Von fünf Blasen ist nur noch eine schmerzhaft und mir geht es auch besser mit meiner Entscheidung. Als ich ihm sage, dass froh bin, dass wir zusammen nach Assisi gehen, gesteht er mir, dass er auch froh ist, denn wäre ich nicht nach Pietralunga gekommen und mit ihm nach Gubbio gefahren, hätte er abgebrochen. Also haben wir und Beide gebraucht. Dass ist der Camino.
Nach einer kleinen Citytour am Morgen, kaufen wir Proviant und starten zu einer kurzen Etappe. Es ist heute wieder sehr heiß und es geht auf sonnigen Asphalt- und Schotterwegen nach Pont die Assisi, wo die erste Pause an einer Bar ist und wir Kaffee trinken. Hier entdecke ich eine Blase an meiner großen Zehe. Es geht wieder los! Hitze und harter Boden!
Nach weiteren 5 km in der Hitze machen wir den nächsten Stopp im Schatten am Weg und die zweite Blase zeigt sich am anderen Fuß. So bin ich froh, als wir am Nachmittag beim Eremeo San Pietro ankommen. Es liegt idyllisch auf einer Bergkuppe, allein, kein anderes Haus weit und breit. Eine weiße Kuh grüßt vor der Tür, eine kleine Kapelle und alle anderen Türen stehen offen und es sieht sehr einladend aus.
Der Hospitalero schläft und so laden uns Luca und Martina ( Italiener) zum Bleiben ein. Wir ruhen aus, duschen, nehmen Wäsche aus der Waschmaschine und schmeißen unsere rein. Hängen die Wäsche auf...und Luigi ( der Hospitalero) kommt und freut sich, dass wir da sind. Alles klar. Wir dürfen bleiben und bekommen unser Bett gezeigt. Mit Ausblick in die weite Ferne, genial.
Wir gehen runter und fragen, ob wir beim Kochen helfen können. Klar. So beginnt das wilde Gemüse schnippeln für die Minestrone. Als Luigi den Kühlschrank öffnet, sehe ich Oliven. Ich sage: Oh, es gibt Oliven und sofort stellt Luigi eine Schüssel auf den Tisch. Ich sage zu Benjamin, jetzt noch ein Glas Rotwein, dann bin ich im Pilgerhimmel. Benjamin übersetzt und schon steht der Rotwein auf dem Tisch. Es ist wie bei Tischlein Deck dich...Wir stoßen auf das Pilgerleben an und köcheln. Luca kommt auch noch dazu und es ist lustig, weil Luca Fußballfan ist und Borussia Dortmund kennt.
Zwischendurch kommen vier Amerikaner (Rob, Kevin, Hillary und Mary -Bess) und eine weitere Italienerin ( Anna) an und wir decken den Tisch im Innenhof.
19 Uhr ist eine kleine Andacht mit traditioneller Fußwaschung und dann sitzen wir alle zusammen und essen und reden und das ist gelebtes Pilgerleben. Ich lehne mich zurück, schaue in den Sternenhimmel und bin dankbar für diesen wunderbaren Abend. Das hat mir so gefehlt, diese Gemeinschaft, egal wer man ist und woher man kommt. In Zeiten von Corona noch besonders wertvoll.
Ich bin müde und ziehe mich schon 21 Uhr zurück und schlafe schnell ein, doch werde ich wieder wach, weil jemand schnarcht und so höre ich noch wie der Letzte Mitternacht ins Bett kommt. Die Nacht wird kurz, da ich immer wieder wach werde und nicht wieder einschlafen kann. Aber es ist ein gutes Gefühl die anderen friedlich schlafen zu hören und dabei in einen grandiosen Sternenhimmel zu schauen. Ab 6 Uhr genieße ich den Sonnenaufgang vom Fenster im Bett aus und warte, dass sich jemand regt.
Das Frühstück ist auch sehr üppig und ich lerne Ricotta mit Amarenakirschen auf dem Brot zu lieben. Allerdings esse ich zuviel davon, sodass mir später der Bauch weh tut. Ich helfe noch die Küche aufzuräumen und dann sind wir Abmarschbereit. Ein Foto mit Luigi, den Segen und los geht es in einen sonnigen Tag, der verspricht heiß zu werden.
Doch wir sind im Wald noch auf der Schattenseite und es läuft sich gut. Nach 20 Minuten überholen wir Anna und nach einer Stunde die Amerikaner. Wir Deutschen rollen das Feld von hinten auf und der Kommentar der Vier ist: Ah, da kommen die Deutschen! Das findet Benjamin nur halbwitzig, schließlich ist er geschichtsaffin.
Eine Pause nach 6 km fühlt sich richtig gut an, zumal die ersten steilen Anstiege hinter uns liegen. Ein ehemaligen Stausee sieht von oben wie ein Schlammloch aus und ein Fluss den wir über Betonsteine queren ist längst ausgetrocknet.
Dann geht es weiter im großen Bogen um ein Tal, um dann noch 5 km auf Asphalt laufen zu müssen. An einem schattigen Platz machen wir halt und essen etwas.
Als wir aufbrechen übernimmt die amerikanische Fraktion den Platz und wir schalten auf Endspurt um. Der Ort liegt in der Mittagshitze und wir löschen in der Bar unseren Durst. Wir sitzen auf dem Dorfplatz am Brunnen. Die Andren kommen und Hillary zieht die Schuhe aus und hängt die Füße in den Brunnen. Wir machen es nach und sitzen zu viert am/ im Brunnen.
Dann gehen wir zur Unterkunft und obwohl wir die selbe Adresse haben, sind es unterschiedliche Häuser. Aber Benjamin hat ein Dreibettzimmer gebucht und so ziehe ich bei ihm mit ein. Pilgerroutine und dann gehen wir ins Dorf ein Eis essen, schauen die Kirche an und setzen uns an den Brunnen und schauen zu, wie neue Blumentöpfe abgestellt werden. Das ganze Dorf ist dabei und jeder hat einen guten Rat für die Arbeiter. Inzwischen kommen verschiedene Pilger an, u.a Milan und Romy aus Leipzig, ein belgisches, älteres Paar und die zwei Tschechinnen.
Wie gehen ins Restaurant und essen Nudeln und unterhalten uns nett und 21 Uhr sind wir schon im Bett.
Wir schaffen es wirklich früh aufzustehen und 8 Uhr startklar zu sein. Vorher Frühstück in der Bar, dass übliche.
Der Weg führt erst durch den Ort die Straße hinaus und wird dann ein Wanderweg der bald ansteigt und uns zum Schwitzen bringt. Der Wald gibt genug Schatten, sodass die steigende Sonne uns nicht röstet. Wir machen eine Wasserpause und werden von ein paar Pilgern überholt. Kaum laufen wir weiter, überholen wir alle und kommen gut voran.
12 Uhr sind wir schon in Assisi und gehen ins Pilgerbüro. Dort gibt es die Assiana und eine neue Credenzial für mich. Bei der Bettsuche werde ich nicht unterstützt und so probiere ich es selber, erreiche aber auch niemanden.
Wir laufen durch die Stadt und an einem Monasterio probiere ich vergeblich mein Glück. Im zweiten Hotel ist die Dachkamner für 57€/Nacht frei und ich buche sie. Es erinnert mich an Womo- Urlaub, denn das Bad ist so winzig dass beim Duschen die Toilette und der Spiegel nass werden und der ganze Boden schwimmt. Der Balkon reißt es raus, denn von da habe ich eine schöne Sicht auf die Tauf- Kirche und die Dächer der Stadt. Genial.
Hier wurden jeder Spender mit einem stein geehrt, der zum Wiederaufbau Assisis nach dem letzten, großen Erdbeben gespendet hat.
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