Ich bin gestern das erste Mal schnell eingeschlafen und habe auch tief und fest geschlafen. Ich habe weder das morgendliche Hahnengeschrei noch Holgers Fensterschließung gehört. Endlich scheint mein Kopf auch tiefenentspannt zu sein.
Wir frühstücken unser italienisches Frühstück, wobei es heute sogar noch Obst und Joghurt dazu gibt. Wir verabschieden uns und laufen durch Robbio zum Bahnhof. Wir überspringen mit dem Zug eine Etappe, damit wir nicht in der Pilgerherberge übernachten müssen. Ich bin ja kompromissbereit😇.
Der Bahnhof hat einen gewissen lost- place- Charme.
Der Zug kommt pünktlich und Holger hat das Ticket über Trainline gebucht, um den Automatenstress zu umgehen.( Hier haben wir gar keinen gesehen.) Manchmal staune ich schon, was mein alter Mann mit der Technik kann!😘
Wir fahren nach Mortara und treffen vor dem Bahnhof auf den Pilgerweg, der durch die Stadt führt. Unterwegs sehen wir ein hübsch dekorierten alten Fiat 500. Der Besitzer will gerade einsteigen und wartet noch bis ich mein Foto gemacht habe. Wie nett, ich bedanke mich mit einem "Mille Grazie!"
Bei einer Bank füllen wir unsere Barschaften auf und laufen aus der Stadt hinaus. Am Ende kommen wir an der Abbazio di Saint' Albino vorbei, wo die Pilgerherberge ist. Ich finde es sehr lauschig und mit 4 Plätzen ist sie auch sehr übersichtlich. Doch alles ist gut.
Dahinter geht der Weg weiter und wie könnte es anders sein? Durch Reisfelder! Heute auf gelenkschonenden, staubigen Sandwegen. Noch ist der Himmel bewölkt und warme 20°C lassen uns gut vorwärts kommen.
Wir laufen wieder an Kanälen entlang und dann fehlen die Schilder. Bald merken wir, dass wir vom Weg abgekommen sind und suchen eine Möglichkeit zurück auf die Via Francigena.
Holger mosert, da ich nur auf die App geschaut habe und die hier mal wieder nicht mit der Beschreibung übereinstimmt. Ich nehme ihm das krumm, denn hätten wir jetzt die Karte der App nicht, ständen wir im Reis und wüssten nicht wohin! Es ist doch nicht mein Fehler, dass die Karten, die ich auf der Website der Via Francigena heruntergeladen habe, nicht mit dem Pilgerführer übereinstimmt. Er könnte ja auch mit Brille auf der Nase und Buch in der Hand laufen, dann hätte er den Fehler vielleicht bemerkt, aber er hat auch nur nach den Schildern geschaut! Egal, wir korrigieren und laufen weiter.
An der Schiene ist der Weg mit Betonplatten beendet worden, doch wir sind nicht die ersten, die es ignorieren. Ein Trampelpfad führt drum herum und dann kommen wir nach Remondo. Eine Ziege begrüßt uns am Ortsanfang.
Im Ort schauen wir uns die Chiesa San Rocco an und staunen über Größe und prunkvolle Ausstattung im Verhältnis zum Ort.
An einer Seite gibt es eine " Lourdes- Grotte" , die mir ein Schmunzeln entlockt.
Es geht weiter durch Mais- und Reisfelder, die teilweise schon abgeerntet sind. Inzwischen scheint die Sonne wieder und es wird muggelig warm. Auf dem Weg vor uns fliegt ein riesiges Libellen- Geschwader kreuz und quer. Moskitos gibt es heute in Hülle und Fülle und wer stehen bleibt, hat verloren. So ist kein Picknick möglich. Deshalb laufen wir bis Tromello durch.
Vor einer verschlossenen Bar stehen Bierbänke und gegenüber gibt es einen Brunnen. Eine italienische Pilgerin, die wir schon einmal getroffen haben, sitzt schon davor und wir setzen uns daneben. Ein kurzes Gespräch entwickelt sich wieder. Sie erzählt, dass sie von Lausanne nach Rom läuft, wo sie zu Hause ist.
Wir essen die Reste unseres gestrigen Abendessens. Ein älterer Herr mit Fahrrad kommt vorbei, begrüßt uns und sammelt die Pilgerausweise ein. Er verwaltet hier den Pilgerstempel. Wie toll ist das denn, dass er uns aufsucht. Nach einer Weile kommt er wieder. Neben den Stempel bekommen wir noch eine kleine Pilgerurkunde und einen Button. Langsam füllt sich unsere Credenziale.
Ich ziehe meine linke Socke aus, da ich wieder ein unangenehmes Gefühl habe und siehe da, es ist eine große Blase. Durch die Reibung am Pflaster der anderen Zehe und den Staub hat sie sich recht schnell gebildet. Meine Füße sind lecker schmutzig. Ich steche sie auf und klebe ein Pflaster drauf.
Nun sind also drei Zehen verpflastert. Das gehört irgendwie dazu.
An der nächsten offenen Bar trinken wir noch Kaffee bzw. Bier und laufen weiter an der Kirche Saint Martin vorbei. Wir können nur kurz an der Seite reinschauen, da drin gerade gewischt wird.
Die letzten Kilometer führen noch einmal durch Felder am Kanal entlang bis nach Garlasco. Holger hat das Hotel Il Pino reserviert. Auch wieder für 65€. Als wir ankommen, denke ich, es muss ein Irrtum sein. Wir stehen vor einem alten Palazzi, der in einem völlig zugewucherten Garten steht! Holger entdeckt links davon ein Schild, dass uns in den Hinterhof führt. Hier steht ein Nebengebäude und die Rezeption ist im Hintergebäude. Wir checken ein und werden in den 1. Stock des Nebengebäudes geführt. Der Flur riecht super muffig, das Zimmer nicht ganz so schlimm. Am Fenster gibt es kein Fliegengitter und so schlagen wir auch hier die Mücken tot. An der Wand sind Stockflecken. Da weiß man, woher der Wind weht! Nur der Schlüssel, die weißen Frotteehandtücher und das Duschbadflakon lassen ahnen, dass wir in einem Hotel sind. Aber die Dusche ist heiß... Übrigens, das Hotel hat 💫💫💫 3 Sterne!!!😅
Am heutigen Tag stehen 308 km in der Zusammenfassung unserer App seit Urlaubsbeginn. Das ist doch mal was Rundes.
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