Dienstag, 12. September 2023

Flachlandpilgern

 Das Frühstück heute morgen hatte genau wie das B&B einen netten Charme. Mit bestickter Serviette und Obst in Schälchen angerichtet begrüßen wir den Tag.

Wir laufen von unserem Berg herunter auf den Pilgerweg und folgen kleinen Teerstraßen nach Piverone. Heute ist es leicht bewölkt und die Sonne dadurch noch nicht so heiß. So läuft es sich gut mit Stöckelmusik auf dem Asphalt

 
In Piverone kaufen wir kalte Limo und setzen uns in den Schatten für eine kurze Pause.Weiter geht es auf kleinen Straßen und durch Weingärten. Bald haben wir freien Blick auf den Lago di Viverone. Inzwischen schwitzen wir schon kräftig, kommen aber leider nicht am Ufer vorbei.

Auf einem Schotterweg kommen wir zur Ruine der Kirche San Piedro di Livone aus dem Jahr 1202! Sie ist architektonisch einzigartig in der Diözese Ivrea, verrät ein Schild.


Es geht weiter die Straße entlang nach Viverone.  Es ist Mittagszeit und ziemlich ruhig im Ort. Wir setzen uns an einem Brunnen in den Schatten für eine weitere, kurze Pause. Ich entdecke eine Blase an meiner großen Zehe und verpacke  sie in ein Gelpflaster. So läuft es sich besser. Ich frage mich, wieso heute? Meine Socken waren noch nicht trocken, weshalb ich heute andere Socken trage. Das ist die einzige Veränderung zu den Tagen vorher. Sollte die Blase davon kommen? Ich weiß es nicht. Da die anderen Socken aber inzwischen am Rucksack baumelnd getrocknet sind, wechsele ich sie sicherheitshalber. 

Nun laufen wir weiter nach Roppolo, wo wir einen niegelnagelneuen Pilger- Infopunkt entdecken. Hier gibt es bei einem freundlichen, jungen Mann einen Stempel, Wasser, ein stilles Örtchen und ein kurzes Gespräch. Er erzählt, dass der Infopunkt noch nicht ganz fertig ist. Später soll es hier für Pilger auch Kaffee und Bier geben. Holger meint, da kommt er später wieder.😄Typisch Holger! Wir erzählen ihm, dass unsere Mail für die Reservierung in der Pilgerherberge morgen Abend nicht angekommen ist. Er fragt, ob wir angerufen haben. Wir verneinen, da wir nicht italienisch sprechen. Kurzerhand ruft er an, um es für uns klar zu machen. Dabei erfährt er, dass meine Mail doch angekommen ist. Na prima, ich habe die " Delivery" - Nachricht bei vier Versuchen mit zwei Adressen bekommen. Na, Hauptsache, es hat geklappt und wir haben morgen ein Bett.

Wir werden noch um ein Foto für den Instagram- Account des Infopunktes gebeten und lächeln in die Kamera. Dann geht es weiter.




 
Unterhalb der Burg von Roppolo laufen wir weiter und am Friedhof finden wir nochmals frisches Wasser. Hier wird dem Gieskannen- liegenlassen- wo sie aus der Hand fallen- mit einem einfachen Pfandsystem vorgebeugt.


Wir laufen durch Felder und drehen uns einmal im Kreis um zu sehen, dass wir keine Berge mehr sehen. Wir haben sie heute komplett hinter uns gelassen und laufen durch flache Landschaft.
Nach noch mehr Teerstraßenkilometern gehen wir endlich einen Schotterweg in ein Wäldchen. Dort finden wir einen " Elfenwald" und Hinweisschilder zu verschiedenen Zielen.


Bald erreichen wir Cavaglià. Der große, beeindruckende Dom ist schon von weitem zu sehen. 


Doch vorher bekommen wir im hiesigen Pilgerpoint noch einen Stempel und einen winzig -kleinen Filzhut. Das ist ein Elfenhut, erfahren wir. Sollten wir einem Elf begegnen, müssen wir ihn abgeben, ansonsten gehört er uns. Was für eine nette Idee. Nun ziert ein Elfenhut meinen Rucksack.


Nun wird es Zeit für den Dom. Er ist riesig und beeindruckend. An der schwarzen Madonna zünden wir jeder eine Kerze für unsere Mütter an und gedenken ihrer hier ganz bewusst. Ich würde Mutsch gern von meinen Abenteuern erzählen, hatte sie doch viel Freude an Reiseberichten. 





Trotz des großen Doms ist wenig los im Ort. So suchen wir, bis wir eine offene Bar für eine Pause finden. 


Der Kuchen sah sehr verführerisch aus, doch leider schmeckte er an manchen Stellen muffig. Viel scheint hier wirklich nicht los zu sein.

Die letzten Kilometer sind wieder Straße. Vor der Burg biegen wir ab.


Von weitem sehen wir eine große Kirche und stellen fest, dass diese auf dem Friedhof steht. Die Form erinnert mich an Eunate auf dem Camino Francés, in Spanien. Da wir noch einmal frisches Wasser brauchen, biegen wir dahin ab.



Die Kirche heißt Santa Maria Bablione und ist im Jahre 1620 im italienischen Barock erbaut und wurde 2006 renoviert. Leider ist sie verschlossen.



So gehen wir nun durch Felder und an Weilern vorbei, immer auf der Straße entlang und plötzlich stehen wir vor dem 1. Reisfeld. Wusstet ihr, dass in Italien über 100 Sorten Reis angebaut werden? Ich nicht, da frage ich mich auch, wer braucht 100 Sorten? In meinem Küchenschrank sind nur 4 eigentlich ausreichend. 



Mitten im nirgendwo steht ein Pilger am Feldrand und bietet eine Pause an. Doch wir sind bald am Ziel und schreiten flott aus, denn am Himmel hinter uns ziehen dunklere Wolken auf.




Heute haben wir ein Zimmer in einem schon geschlossen Schwimmbad, direkt an der Autobahn gemietet. Die Etappe sollte nicht zu lang werden und diese Location war in der Nähe. Wir fragen uns, was uns erwartet und sind neugierig, weil uns die Vorstellung fehlt.
Holger meint, es liegt fast am Weg und ein Pfad
führt direkt vom Pilgerweg dahin.
Wir finden den Abzweig auch und ein breiter Grasweg führt hinter einer Schallschutzwand neben der Autobahn entlang. Dann hört der Weg plötzlich an einem Gebüsch abrupt auf. Was nun? Durch die Bäume können wir das Schwimmbad schon sehen. Also laufen wir vorsichtig den kleinen, rutschigen Abhang mit Brombeergestrüpp, Brennnesseln und ähnlichen Hindernissen hinunter und landen auf der Liegewiese. 
Wir werden von einem jungen Beachboy überrascht begrüßt. Als wir erklären, dass wir ein Zimmer mit Frühstück gebucht haben, ruft er jemanden an. Dann bekommen wir die Schlüssel und sind nun unsererseits überrascht. Das Zimmer ist neu und modern, mit einer großen Terrasse, einem schönen Bad, wo wirklich alles funktioniert und einem Frühstücksraum mit Selfservice. Perfekt! Alles für nur 60€, was in Italien ein Schnäppchen ist. Wir sind begeistert und hüpfen unter die Dusche. Schade dass die Bassins schon abgelassen sind. Überall wird das Bad schon von Handwerkern winterfest gemacht.






Nun müssen wir nur noch über die Autobahn zum Essen kommen.


Wir haben den Weg über die Autobahn zum Ristorante gefunden. Davor stehen jede Menge Trucks und drin tobt der Bär. Holger ist pessimistisch, ob wir Platz bekommen.




Doch wir werden nicht abgewiesen, sondern an einen eingedeckten Tisch geführt.
Die Speisekarte ist umfangreich und die Preise sind fast nicht möglich. Wir fühlen uns an unser Tischlein deck dich- Erlebnis in Frankreich erinnert.
Wir bestellen ein großes Bier, 1l Wasser, 1/2l Rosé- Wein, 1 Focaccia, 1 grünen Salat, 1x Tagiatelle Bolognese, 1x Gnocci Sorrento und 1x Panna Cotta. Es ist alles sehr lecker und die Nudeln kommen sehr heiß daher. Am Ende bezahlen wir 35€!!! Kaum vorstellbar, oder? 





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